Wir gehen aneinander vorüber,
Jeder in sich und sein Schicksal gebannt
Wir schicken Gruß und Gebärde hinüber
und leben jeder in anderem Land
Aber hinter Wällen und Mauern,
Die sich unsichtbar zwischen uns baun,
Lebt der einsamen Seelen Trauern
Und der verwirrten Geschöpfe Graun.
Suchender Sehnsucht trübe Funken
Schwirren über den Mauerrand
Aber schon hat sie die Nacht getrunken,
Ehe das Licht zum Ziele fand
Und von der nächtlichen Schwermut Fächeln,
Von der Wehmut des jähen Verwehns
Bleibt nur der wissenden Seele Lächeln
Über den kurzen Trug des Verstehns.
Alles wähnt, im andern zu leben
Wenige küssen im Dunkeln sich sacht.
Wenn die Mauern klingend erbeben
Doch über allen brütet die Nacht.
Text: Kurt Walter Goldschmidt · 1877-1942